One Dam Day
Cube of Truth in Amsterdam
Switch Language

Es herrscht reges Treiben auf einem der zentralsten Plätze Amsterdams.
Gruppen von Touristen genießen die Sonnenstrahlen, schießen Fotos und bilden einen Ring, um Shows von Straßenkünstlern zu bestaunen. Besonders auffällig ist jedoch die Menge an schwarz gekleideten Menschen mit Masken, welche sich mitten auf dem Platz versammelt hat. Die Stimmung ist aufgeladen – voller Tatendrang.

Alle haben sie heute ein gemeinsames Ziel: 24 Stunden ein Zeichen für Tierrechte zu setzen. Dafür sind insgesamt 866 Aktivisten aus mehr als 10 Ländern zusammengekommen. 

Wir waren vor Ort dabei, um uns selbst ein Bild davon zu machen.

Anonymous for the Voiceless (AV) – so nennt sich die Tierrechtsorganisation, welche sich weltweit gegen die Ausbeutung von Tieren und für einen veganen Lebensstil ausspricht. Paul Bashir und Asal Alamdari, beide Tierrechtsaktivisten aus Australien, hatten AV 2016 gegründet. Was im Kleinen anfing ist nun zu einer weltweiten Bewegung gewachsen. Weltweit gibt es bereits 961 Ortsgruppen und eine stetig wachsende Gemeinschaft von Menschen, welche die Öffentlichkeit mit der Ausbeutung von Tieren, wie sie zum Beispiel in der Fleischindustrie passiert, konfrontiert.

Und das – so wie auch heute – in Form des „Cube of Truth“: Dieser hat sich nun formiert. Die Aktivisten stehen in einer Art Würfelformation mitten auf dem Platz. Dabei tragen sie Masken, Schilder – auf denen in großen Buchstaben „Wahrheit“ steht – , sowie Laptops auf welchen Videomaterial aus der Tierhaltung, sowie Schlachthäusern zu sehen ist. Neben dem Cube sind auch die sogenannten „Outreacher“ ein wichtiger Teil. Damit sind jene Aktivisten gemeint, welche mit Passanten, die sich für die Aktion interessieren, reden, um diese zu informieren und Fragen zu beantworten. Dabei sei es besonders wichtig verständnis- und respektvoll zu sein und klar und deutlich die Tiere in den Mittelpunkt zu stellen, deren Leid ein Ende bereitet werden soll, betont Paul Bashir während der Eröffnungsrede. Tatsächlich zählt die Organisation Anonymous for the Voiceless, die ihren Erfolg in positiven Gesprächen misst, seit dem ersten Cube 447.419 Menschen, die Veganismus als Konzept ernst genommen haben. Dabei sind vor allem die Gespräche wichtig, nach denen Passanten dem veganen Lebensstil gegenüber offen sind, oder sogar Interesse daran zeigen, diesen auszuprobieren.

Mittlerweile sind um den Cube schon die ersten Gespräche entstanden, manche Passanten bleiben erst neugierig und in einiger Entfernung stehen. Andere treten sofort nah heran, bleiben wie gebannt vor den Laptops stehen, oder wenden sich schnell wieder ab und eilen davon. „So fremd und extrem Veganismus für manche erst mal klingen mag, für mich bedeutet es in erster Linie Respekt gegenüber anderen, nicht menschlichen Lebewesen zu zeigen“, sagt Jana. Auch zu Hause engagiert sich die 33-jährige für AV, beim 24 Stunden Cube ist sie zum ersten Mal.

Hört man sich bei den Teilnehmenden des Cubes um, so ist die Resonanz vorwiegend positiv. „Ich denke, das liegt daran, dass die Leute, die sich die Videos anschauen bereits viel offener für die Idee des Veganismus sind“, meint der 34-jährige Tyler aus Boston. Auch Fiona aus Bremen gefällt das Konzept: „Ich finde es schön, dass es so eine friedliche Form des Aktivismus ist, bei der jeder und jede selbst entscheiden kann, ob sie sich darauf einlassen wollen. Im Endeffekt spiegeln wir ja die Tiere wieder, die keine Stimme haben. Und diese Form des Protests bring das sehr gut zum Ausdruck.“  
Auf die Frage, warum sie heute hier ist antwortet die 24-jährige: „Vegan zu leben war für mich der erste Schritt. Aber auch für die Sache einzustehen ist zusätzlich wichtig, um etwas zu verändern.“

Die Stunden vergehen, Menschen kommen und gehen, der Cube steht immer noch. Ab und zu fliegt ein Schwarm aufgescheuchter Tauben tief über den maskierten Köpfen der Aktivisten hinweg, um sich auf der anderen Seite des Platzes nieder zu lassen. Wer müde wird und ausgewechselt werden will hebt die Hand. Nach jeder Schicht wird durchgetauscht, schließlich soll die Aktion auch die restlichen Stunden noch effektiv ablaufen.  Rund um den Cube sind die Gespräche immer noch in vollem Gange.
Es wird sich ausgetauscht, Fragen gestellt, informiert und hinterfragt. Ein Ehepaar aus Kalifornien ist stehen geblieben. „Der Cube legt auf eine sehr kraftvolle Weise offen, welches Leid Tieren zugefügt wird, lässt einen innehalten und macht nachdenklich“, sind sie sich einig.

Auch der 31-jährige Appie aus Amsterdam ist auf die Aktion aufmerksam geworden. Nach einer Weile vor den Videos und mehreren Gesprächen mit Aktivisten, meint er: „Mein Ziel ist es auf jeden Fall, vegan zu sein, schließlich liebe ich Tiere!“
Dass eine vegane Ernährung außerdem sehr gesund sei und das Risiko für Herzkrankheiten verringere, motiviere ihn zusätzlich. Mittlerweile ist es dunkel geworden. Das Videomaterial und die Masken wirken nun noch eindrucksvoller.
„Die Videos und Bilder offenbaren eine nicht ohne Grund versteckte Welt“, meint Joska. Die 60-jährige ist von Rotterdam nach Amsterdam gekommen, um den 24 Stunden-Cube zu unterstützen. Dies der Öffentlichkeit, also den Konsumenten, zu zeigen sei wichtig, um etwas zu verändern. Dafür Verständnis zu schaffen und ein Umdenken anzuregen ist der Organisation besonders wichtig.

„Die meisten Leute stimmen unterbewusst schon längst mit der Idee des Veganismus überein, aber sie verstehen es noch nicht. Wir sind dafür da, dass sie diese Verbindung machen und sich schließlich dafür entscheiden, vegan zu leben“, sagt Paul Bashir. 
Dazu haben die Passanten nach jedem positiven Gespräch die Möglichkeit eine kleine Karte der Organisation mitzunehmen, auf der weitere Informationsquellen zu Themen wie Umwelt, Gesundheit und Tierrechten zusammengestellt wurden. Wie viele Karten insgesamt verteilt wurden, wird am Ende der Aktion bekannt gegeben.

Nach einer langen Nacht für einige Aktivisten scheint am nächsten Tag um zwölf die Sonne vom Himmel. Der Cube hat sich aufgelöst, die Masken werden abgenommen – Gesichter müde, aber glücklich – Laptops eingesammelt und die positiven Gespräche zusammengezählt. Bevor man sich bereit für die anschließende Demonstration mit darauffolgendem Picknick im Park macht, versammeln sich alle noch ein letztes Mal auf dem Dam Square. Paul Bashir und Asal Alamdari bedanken sich bei allen Aktivisten. „Durch jeden Cube, der stattfindet, gehen wir einen Schritt weiter auf unser Ziel zu, das Leiden der Tiere zu beenden. Und heute sind wir diesem Ziel wieder einen großen Schritt nähergekommen.“

Schließlich wird die Zahl verkündet, auf die Alle gewartet haben: 

Falls auch ihr daran teilnehmen wollt – die nächste Aktion steht bereits.
Im Juli findet schon der nächste internationale Cube statt: 168 Stunden „Cube of Truth“ in New York.

Alle Infos, lokalen Gruppen und internationalen Cubes findet ihr unter

Artikel: Luisa J. | Fotos: Niklas Kehrle

Please install and activate Powerkit plugin from Appearance → Install Plugins. And activate Opt-in Forms module.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert