Warum wir Gerichte nicht als „vegan“ labeln sollten: das sagt die Wissenschaft
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In den letzten Jahren sind vegane und pflanzenbasierte Gerichte und Lebensmittel immer beliebter geworden: ob im Restaurant, der Kantine oder im Lebensmitteleinzelhandel. Pflanzliche Proteine erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Die Gründe reichen von Tierethik hin zu Klima- und Umweltschutz bis zu gesundheitlichen Vorteilen und dem Vorbeugen von Zivilisationskrankheiten. Dennoch gibt es viele Vorurteile und Ablehnung gegenüber veganer Ernährung. Dabei spielt der Geschmack von Fleisch auch eine Rolle – ist aber längst nicht der alleinige Grund, der Skeptiker:innen abhält pflanzlichen Alternativen eine echte Chance zu geben.
In der Verhaltenswissenschaft spielt in den letzten Jahren „Nudging“ (deutsch: Stupsen) eine immer größere Rolle. Damit gemeint sind bewusste und unterbewusste Veränderungen des Ernährungsumfeldes, z. B. werden Fleisch-basierte Gerichte als Standard-Option beworben oder bei der lokalen Dönerbude der Fleisch-Döner als „normal“ beworben während die pflanzliche Option als „vegan“ gelabelt viele Kund:innen vom Probieren abhält.
In kürzlich veröffentlichten Studien kam heraus, dass die Labels „vegan“ oder „pflanzlich“ sich eher negativ auf den Absatz auswirken, wohingegen ein Framing als „gesund“ oder „nachhaltig“ positive Effekte auf den Absatz der gleichen Optionen hatte (Sleboda et al., 2024). In einer australischen Studie aus 2024 wurden pflanzliche Gerichte in einem Restaurant mit unterschiedlichen Attributen beschrieben. Während ein „veganer Burger“ sich mäßiger Beliebtheit erfreute, wurde das gleiche Gericht mit einem attraktiven Adjektiv im Menü wie „saftig“ oder „herzhaft“ deutlich häufiger gewählt (Greene et al., 2024). Viele weitere Studien (Turnwald et al., 2017; Turnwald et al., 2019; Turnwald & Crum, 2019) untermauern den Erfolg attraktiver Gericht-Beschreibungen, um pflanzliche Optionen attraktiver zu machen.
Ein weiterer Meta-Trend der Forschung zeigt sich in der Art der Interventionen in der Ernährungsumgebung: eine 2020 veröffentlichte Meta-Studie (Cadario & Chandon, 2020) analysierte die verschiedenen Interventionsformen in drei Clustern: kognitiv-orientierte Nudges (z. B. Labels & Lebensmittel-Ampeln), affekt-orientierte Nudges (z. B. Aufrufe & Empfehlungen) sowie verhaltensorientierte Nudges (z. B. Veränderung von Standardoptionen & physische Erleichterungen).
Das Ergebnis der groß angelegten Meta-Studie ist verblüffend: je subtiler und unterschwelliger die Interventionen desto größer der Erfolg der Maßnahme. Mit anderen Worten: Wenn wir die Nachhaltigkeit des Ernährungssystems verbessern wollen, reicht es nicht Informationen zu Nachhaltigkeit, Klima oder Tierschutzstandards zu geben. Die Ernährungsumgebung muss sich ändern und pflanzliche Optionen stärker in den Fokus rücken, zur Norm machen und attraktiver präsentieren statt sie als elitäre Option für Großstädter, Veggies oder umweltbewusste Menschen zu vermarkten und lediglich einer kleinen Gruppe zugänglich zu machen. Wenn diese mit Labels wie „vegan“ oder „vegetarisch“ einen Stempel bekommen, führt das schnell zu Ablehnung und einer Abwehrhaltung, wenn das Gefühl der Bevormundung entsteht. Denn Menschen sind soziale Wesen, die sich an gesellschaftliche und soziale Normen halten und das konsumieren was einfach, „normal“ und naheliegend ist – wie bereits Daniel Kahneman (2011) mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung zu langsamem (bewusstem) und schnellem (unterbewusstem) Denken aufgezeigt hat.
Als konkrete Empfehlungen für die Betreiber von Gastrobetrieben oder Lebensmitteleinzelhändlern lassen sich aus der Forschung folgende 7 Maßnahmen ableiten, um pflanzenbetonte und planetengerechte Ernährung erfolgreicher zu machen:
- Normalisierung von pflanzlichen Gerichten (vegane/pflanzliche Gerichte nicht als „Alternative“, sondern als Norm beschreiben und bewerben) durch Umkehr von Standardoptionen
- Veränderung des Framings/Wordings (keine Benennung der pflanzlichen Optionen als „vegan“, „fleischfrei“ oder „pflanzlich“ – stattdessen beschreiben was drin ist, welcher Geschmack dominiert und was das Gericht „auszeichnet“)
- Quantitativer Ausbau veganer Alternativen (z. B. deftige und gesunde pflanzliche Optionen oder andere Länderküchen)
- Attraktive pflanzliche Optionen (Fokus auf Zielgruppe Flexitarier:innen und Allesesser:innen anstatt bereits vegan oder vegetarisch lebende Menschen)
- Präsentation (ansprechende visuelle Präsentation im Menu oder in der Kantine)
- Platzierung (in der Speisekarte optisch gut erkennbar, über den fleisch-basierten Gerichten)
- Berücksichtigung kultureller Ernährungspräferenzen (z. B. Currywurst mit Pommes in pflanzlich oder Gerichte in denen die Fleischkomponente eher die Beilage ist wie in Pizza, Burger, Pasta oder Lasagne).
Jenst Vogt
Meine Leidenschaft gilt der Umwelt und dem Kampf für den Erhalt unserer natürlichen Ressourcen und der Schönheit unseres Planeten. Meine Hauptfachgebiete sind Landwirtschaft, Lebensmittelsysteme und ihre Auswirkungen auf das Klima und die planetarischen Grenzen. Ich möchte dazu beitragen, gesündere Agrarnahrungssysteme, Ernährungsweisen und die Interaktion des Menschen mit unserer Biosphäre zu schaffen.
In meiner kürzlich abgeschlossenen Masterarbeit untersuchte ich die Wirkung verschiedener nicht-monetärer Interventionen - Nudges - in verschiedenen Lebensmittelsituationen (Gemeinschaftsverpflegung, Restaurants, Einzelhandel) und wie sie die Wahl der Verbraucher auf umweltfreundlichere Optionen lenken können. Insgesamt legt die Forschung nahe, dass Nudging ein großes Potenzial bietet, um nachhaltigere Lebensmittelumgebungen zu schaffen, Treibhausgasemissionen und Umweltauswirkungen zu verringern, die Gesundheit der Menschen zu verbessern und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit zu erhalten.
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