Fleisch aus der Petrischale – Ist In-vitro-Fleisch besser für unsere Umwelt?
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Fleisch, das wie Fleisch schmeckt, riecht und aussieht, aber für das kein Tier sterben muss: In-vitro-Fleisch soll die Lebensmittelwelt revolutionieren. Wir haben uns den Hype genauer angeschaut und erklären euch, wie weit die Forschung auf dem Gebiet ist und ob Fleisch aus dem Labor auch schon bald in deutschen Supermärkten zu finden ist.
Das erste im Labor gezüchtete Fleisch, im englischen cultured meat, wurde 2013 von Prof. Dr. Mark Post vorgestellt. Seitdem wurde viel über das umganssprachlich bezeichnete Laborfleisch diskutiert.
Viele große Food Start-Ups sorgen dafür, dass die Preise immer weiter sinken und das Fleisch schon bald in deutschen Supermärkten zu finden sein kann.
Für die Herstellung von In-vitro-Fleisch werden einem lebenden Tier mittels einer Biopsie Muskelstammzellen entnommen. Die entnommenen Stammzellen werden in einer Nährlösung und mit einem Wachstumsserum kultiviert. So können sich die Stammzellen vermehren. Damit sie sich im folgenden Schritt, der Myogenese, zu Muskelfasern entwickeln können. Dies findet in Bioreaktoren statt. Diese Muskelfasern können nun gewürzt und mit ebenfalls im Labor gezüchteten Fettzellen gemischt sowie allgemein weiter verarbeitet werden.
Ganz ohne das Tier ist die Herstellung des Fleisches im Labor nicht möglich, denn dem Tier müssen die Zellen durch die Biopsie entnommen werden. Dies bereitet dem Tier jedoch keine Schmerzen. Anders sieht es bei der Beschaffung des Wachstumsserums aus. Anfangs konnte man dieses nämlich nur aus dem Blut lebender Föten gewinnen. Bei diesem Prozess sterben das ungeborene Junge sowie auch seine Mutter. Somit gibt es Laborfleisch für das schon noch Tiere sterben müssen. Wiederrum anders sieht es mit der mit der Zeit entwickelten pflanzlichen Alternative aus. Start-Ups würden mittlerweile mit pflanzlichem Wachstumsserum arbeiten, das aus Algen gewonnen wird.
Theoretisch ist ein tierleidfreies gewonnenes Laborfleisch also möglich — das Tier ist für den Prozess trotzdem noch unentbehrlich und muss dafür gehalten werden, allerdings nicht sterben.
Die Weltbevölkerung ist durch ihr rasantes Wachstum mit immer mehr Herausforderungen und Problemen konfrontiert. Eines der großen Probleme stellt der wachsende Nahrungsmittelbedarf dar. Die Zunahme des Fleischkonsums in den letzten Jahren spielt hierbei ebenfalls eine entscheidende Rolle: die intensive Flächennutzung sowie die enormen Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima sind nicht zu leugnen. Genau an diesen Problemen setzt die Forschung für Kulturfleisch an. Die Produktion von Fleisch in Laboren könnte nicht nur Ressourcen schonen, sondern vor allem auch Tierleid vermeiden. Fleisch ohne dass keine Tiere ums Leben gekommen sind, hört sich absurd an, doch das ist bereits möglich. Neben diesem ethischen Aspekt, lässt sich auch noch der gesundheitliche Aspekt nennen. Wem das Wohl der Tiere eher nebensächlich erscheint, sollte sich beim folgenden Vorteil des „Clean Meats“ wenigstens um sein eigenes Wohl Gedanken machen. Denn die sonst in der Massentierhaltung oft übliche Belastung des Fleisches mit Antibiotika oder anderen Schadstoffen, spiele beim In-Vitro Fleisch in der Regel keine Rolle. Außerdem kann beim Clean-Meat festgelegt werden, wie sich dieses zusammensetzen soll: der Fettgehalt kann reduziert werden, zusätzliche Nährstoffe können hinzugefügt werden und die Anteile von gesättigten zu mehrfach ungesättigten Fettsäuren können reguliert werden.
Die Frage ist hierbei nicht mehr wann, sondern wo. Der Verkauf ist in Singapur Ende letzten Jahres erstmalig zugelassen worden – dabei handelt es sich um das zellbasierte Hühnchenfleisch von dem Start-up „Eat Just“, welches ab dem 19.12.20 im Restaurant namens Club 1880 verkauft wurde.
Auch der große Lebensmittelkonzern Nestlé beschäftigt sich bereits mit kultiviertem Fleisch. Der Konzern arbeitet nämlich mit dem Start-Up Future Meat Technologies zusammen.
Start-Ups, wie Future-Meat sorgen dafür, dass die Preise immer weiter sinken und das Fleisch schon bald in deutschen Supermärkten zu finden sein kann. Future-Meat-Chef Rom Kshuk sagte, dass sein Unternehmen inzwischen nur noch vier US-Dollar für 100 Gramm kultiviertes Hühnerfleisch zahlt. Bis Ende 2022 soll er auf zwei Dollar fallen und soll im Anschluss auf dem US-Markt zu finden sein.
Nicht nur im Fleischsektor wird an tierleidfreien und umweltfreundlicheren Alternativen getüftelt, sondern auch an Milch, Käse und Fisch wird im Labor bereits mit Erfolg geforscht.
Kultivierte Milchprodukte werden mit der sogenannten Präzisionsfermentation hergestellt. Bei diesem Prozess können programmierte Mikroorganismen spezifische Proteine produzieren. Diese Proteine können dann mit Wasser, Pflanzenfett, Zucker sowie auch Vitaminen und Mineralien gemischt werden. Auch in Deutschland gibt es bereits Start-Ups für zeltbasierte Milchprodukte.
Es gibt mittlerweile auch schon einige Start-Ups, wie zum Beispiel BlueNalu, die an zellbasiertem Fisch arbeiten. Eine gute Lösung um der Überfischung der Meere Stück für Stück entgegen zu wirken und um die Meere zukünftig zu schützen. Fischbestände könnten sich erholen, keine Fischernetze, die die Meerestiere verletzen und als Geisternetze das Meer vermüllen und kein Beifang, der unnötig sterben muss — die Liste der Vorteile von In-Vitro Fisch ist lang.
Das Thema zellbasierte Landwirtschaft sorgt stets für Diskussion und bringt Bedenken mit sich.
So ist ein großer Punkt, an dem auf jeden Fall noch gearbeitet werden muss, die Akzeptanz in der Bevölkerung. Viele gehen eher skeptisch an die Sache heran. Außerdem stellt die Finanzierung eine große Hürde da bzw. noch ist das Fleisch aus dem Labor für die Allgemeinheit zu teuer. Auch der hohe Forschungsaufwand muss beachtet werden.
Vor allem der Landwirtschaft sowie der Fleischindustrie bereitet das Laborfleisch Sorgen – sie sehen ihre Arbeit als gefährdet. Es wird hingegen darauf hingewiesen, dass ja auch das Laborfleisch weiter verarbeitet wird und somit die bereits vorhandenen Maschinen und Arbeitskräfte zum Einsatz kommen könnten. Hier kann der Umgang mit Veränderung und die Offenheit für Innovationen entscheidend sein.
Insgesamt stellen die zellbasierten tierischen Produkte eine innovative Lösung für die vielen Probleme und Herausforderungen, mit denen die Menschheit aktuell konfrontiert ist, dar.
Anzufügen ist jedoch, dass es sich bei der veganen Ernährung immer noch um eine nachhaltigere Ernährungsweise handelt. Es ist aber offensichtlich, dass viele Menschen nicht auf die tierischen Produkte verzichten möchten oder können. Außerdem ist die Ernährungsumstellung ein Weg bzw. ein Prozess, der nicht von heut auf morgen passiert. Daher stellt das Laborfleisch eine entscheidende Innovation dar.
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