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Fleischalternativen auf pflanzlicher Basis sind lecker, aber oft teurer als das Original vom Tier. Doch je mehr Menschen auf Veggie-Burger & Co. umsteigen, desto billiger wird‘s – und desto eher können wir aus der industriellen Tierhaltung aussteigen.

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Ein Kilo Kartoffeln für einen Euro, ein Kilo Linsen oder Bohnen für drei bis vier Euro: vegane Grundnahrungsmittel sind nicht teuer. Und daraus lassen sich mit wenigen Handgriffen auch leckere Veggie-Burger machen – die aber natürlich anders schmecken als die aus „richtigem“ Hack vom Tier. Wer dagegen im Supermarkt lieber zu veganer Bratwurst, Käse und Schnitzel greift, muss oft tief in die Tasche greifen. Denn das sind industriell verarbeitete Fertigprodukte – nur, dass hier Pflanzen verarbeitet werden und keine lebenden, fühlenden Wesen.

Solche Convenience-Produkte sind natürlich bequem – und das senkt die Barrieren, auch mal was auszuprobieren. Andererseits schreckt der höhere Preis viele Kunden ab – und ruft Verbraucherschützer auf den Plan. Der Vorwurf: Die Hersteller zocken ihre Kunden ab, und Geringverdiener können sich die Produkte nicht leisten. Dabei seien doch gerade sie diejenigen, die – rein statistisch gesehen – am meisten Fleisch verzehren. Warum also machen die Hersteller ihre Ersatzprodukte nicht einfach billiger – und so für die Masse erschwinglich?

Vegane Produke im Kaufregal

Immense Investitionskosten

Auch durch die etablierten Strukturen genießt die Tierindustrie riesige Wettbewerbsvorteile. Der Newcomer Plantbased hat immense Investitionskosten – von der Produkt- und Prozessentwicklung über die Maschinen bis zu Vertrieb und, nicht zuletzt, Kommunikation und Marketing. Die Tierwirtschaft hat eine starke Lobby und riesige Werbebudgets, sie kann sich Listungen im Supermarkt kaufen.

Die Newcomer müssen viel investieren, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Zumal die Produkte erklärungsbedürftig sind: Vielen Menschen leuchtet es nicht ein, warum sie statt des Billigschnitzels aus dem Supermarkt einen womöglich dreimal so teuren „Ersatz“ aus Soja kaufen sollten – der womöglich auch noch anders schmeckt als das Gewohnte.

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Hackfleisch wäre dreimal so teuer

Hinzu kommt, dass die Fleischpreise im Supermarkt keine echten Preise sind. Umweltschäden zum Beispiel finden darin keinen Eingang – sie fallen der Allgemeinheit und künftigen Generationen zur Last. Dazu gehören die bei der Produktion entstehenden Treibhausgase, die Verseuchung des Bodens und des Grundwassers mit Nitrat und Medikamentenrückständen aus der Gülle, der hohe Energie- und Wasserverbrauch und die Rodung des Regenwalds für Futtermittel. Würde man all das berücksichtigen, würden 500 g gemischtes Hackfleisch im Supermarkt nicht 2,80 Euro kosten, sondern 7,60 Euro – fast dreimal soviel. Das haben Forschende der Unis Augsburg und Greifswald kürzlich ausgerechnet.

Es fehlt eine staatliche Lenkungssteuer, die diese sogenannten externalisierten Kosten abdeckt.  Stattdessen unterstützt der Staat die Tierwirtschaft sogar noch mit mehr als 13 Milliarden Euro jährlich, so eine aktuelle Studie. Zu den Subventionen gehören Steuererleichterungen wie der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf tierische Produkte, also sieben statt 19 Prozent, staatliche Dienst-, Beratungs- und Sozialleistungen, aber auch Förderungen für vor- und nachgelagerte Wirtschaftsbereiche, wie die Schlachtung, den Transport und die Vermarktung von tierbasierten Produkten.

Übergewicht, Welthunger und Pandemien

Auch die Kosten, die unser Gesundheitssystem belasten, sind in die Fleischpreise nicht eingerechnet. In Deutschland verzehren wir 60 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr – doppelt so viel wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als Höchstmenge empfiehlt. Unsere Ernährung ist für mehr als 70 Prozent der Krankheiten verantwortlich. Weltweit gibt es mehr als zwei Milliarden Übergewichtige – während 811 Millionen Menschen hungern. Da stellt sich auch die Frage, ob man die Kalorien nicht gerechter verteilen kann.

Erst recht angesichts der wachsenden Weltbevölkerung: Die können wir nicht mit tierischen Proteinen satt machen, in die wir fünf- bis zehnmal so viel Energie reinstecken wie rauskommt. Hinzu kommt, dass die Antibiotika, die in der Tierwirtschaft im großen Stil eingesetzt werden, in die Umwelt geraten und für Resistenzen sorgen. Von den Pandemierisiken durch die Massentierhaltung, vor denen Wissenschaftler seit Jahren warnen, ganz zu schweigen.

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Investitionen in Fleischersatz am effizientesten

Auch die Tatsache, dass der Fleischkonsum sinken muss, wenn wir den Klimawandel stoppen wollen, sickert immer mehr ins kollektive Bewusstsein. Das wird in den Medien zunehmend thematisiert – so berichtete etwa kürzlich der Spiegel über einen Bericht der Boston Consulting Group, wonach sich Investitionen in Fleischersatzprodukte auf pflanzlicher Basis am besten auf den Klimaschutz auswirken: Sie schlagen Einsparmaßnahmen von klimaschädlichem CO2 und anderen Treibhausgasen in anderen Bereichen um Längen in ihrer Effizienz.

Auch Politiker sprechen inzwischen darüber – nicht zuletzt Agrarminister Cem Özdemir, der ja selbst Vegetarier ist. Influencer in den sozialen Medien machen Druck, von Greta Thunberg über Luisa Neubauer bis Rezo. Und auch immer mehr Ärzte weisen auf die Vorteile pflanzlicher Ernährung hin. Prominentes Beispiel ist TV-Doc Eckhart von Hirschhausen, der jüngst im Focus schrieb: „Wer weniger Fleisch isst, verzichtet – auf Infarkt und Schlaganfall.“

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Fleischkonzerne mischen mit

Immer mehr Hersteller von Tierprodukte erkennen, dass sie schon zur eigenen Existenzsicherung diversifizieren müssen. Sie bauen eigene Veggie-Sparten auf oder kaufen innovative Startups zu. Nicht selten, weil sie Kinder haben, die ihnen zeigen, wohin der Trend geht. Oder Investoren, die ihre Portfolios umschichten in Richtung Plantbased – zum Beispiel in eines der veganen Food-Startups, die derzeit überall wie Pilze aus dem Boden schießen.

Neue vegane Produkte drängen im Wochentakt auf den Markt und konkurrieren um einen Platz im Supermarktregal. Der Handel selbst kommt mit Eigenmarken daher, von Edeka mit Vehappy über Rewe mit Bio + Vegan bis zu Lidl mit Food for Future.

Sie alle wollen ein Stück abhaben vom wachsenden Veggie-Kuchen. Die Unternehmensberater von Kearney schätzen, dass 2040 weltweit 60 Prozent des Fleischkonsums aus alternativen Proteinquellen stammen. Die Zahl der Vegetarier und Veganer wächst konstant und über die Hälfte der Deutschen bezeichnet sich bereits als Flexitarier, so der Ernährungsreport des BMEL.

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Warum Fleischalternativen glücklich machen

Vegane Ersatzprodukte helfen bei der Umstellung. Diese können ein Vertrautes in die neue, vegane Welt übertragen – ohne die schädlichen Nebenwirkungen. Warum das so wichtig ist, liegt an unserer Biologie: Bei vertrautem Essen haben wir ein positives Gefühl. Unser Gehirn produziert bei schönen Erinnerungen das Glückshormon Dopamin – und das motiviert uns zur Wiederholung.

Noch reden wir beim Fleischersatz zwar von einer Nische, auch wenn diese stetig wächst. Doch wenn immer mehr Menschen zugreifen, werden dank der Massenproduktion auch hier die Preise sinken. Dabei liegt die Verantwortung übrigens auch bei den Händlern: Sie verscherbeln Fleisch oft als künstlich billige Lockangebote, erwarten bei Veggie-Produkten aber Gewinnspannen von 35 bis 40 Prozent – gegenüber acht Prozent bei Fleisch.

Ziel kann es aber auch nicht sein, Schnitzel für alle bis zum Abwinken zu produzieren und zu konsumieren, sondern möglichst viele Menschen zu einer pflanzlichen und nachhaltigen Ernährung zu motivieren. Dann darf’s am Sonntag auch mal ein Schnitzel sein – wenn es denn vegan ist.

Fleischersatz-Produkte sollen sogar umweltfreundlicher und gesünder als tierische Produkte sein. Was viele Steak-Liebhaber nicht wahrhaben wollen, hat jüngst allerdings eine Studie von Forschenden der Uni Oxford bestätigt.

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Laborfleisch im Kommen

Oder vielleicht bald auch aus Zellkulturen. Oder aus Präzisionsfermentation. Im Moment befinden wir uns noch beim Nachbau herkömmlicher Geschmäcker: die Produkte werden immer besser, was Geschmack, Textur und Mundgefühl angeht. Damit erreicht die Industrie auch Menschen, die einfach mal etwas Neues ausprobieren wollen und dann erkennen, dass ihnen das Ersatzprodukt eigentlich genauso gut schmeckt wie die herkömmliche Salami.

Aber die Preise für Laborfleisch fallen gerade. Die ersten Produkte könnten schon nächstes Jahr auf den Markt kommen. Auch Milch und Fisch aus Zellkulturen oder Präzisionsfermentation dürften nicht mehr lange auf sich warten lassen. In nicht allzu weiter Ferne gibt es dann vielleicht zehn verschiedene Salamis im Supermarkt, und höchstens eine oder zwei davon sind noch aus herkömmlichem Fleisch.

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Yannick

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